Mitgliederentwicklung der IG Metall B-W
Stuttgart. Die Corona-Pandemie wirkt sich auch auf die Mitgliederentwicklung der IG Metall Baden-Württemberg aus und beschert erstmals seit Jahren einen leichten Rückgang. Ende 2020 waren demnach 435.400 Menschen Mitglied, 2,3 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Die Zahl der Mitglieder in den Betrieben sank um 1,2 Prozent oder rund 4000 auf knapp 313.000. Gleichzeitig wurden über 20.000 neue Mitglieder gewonnen.
Bezirksleiter Roman Zitzelsberger: "Wir haben aufgrund der Pandemie eine Sondersituation, in der schlichtweg weniger Ansprache möglich war. Viele Betriebe waren geschlossen oder haben ihre Beschäftigten ins Homeoffice geschickt. Außerdem gab es wegen Corona deutlich weniger Auszubildende und dual Studierende in den Betrieben, aus denen wir normalerweise viele Mitglieder gewinnen." Andererseits haben sich aber viele Menschen aus dem Homeoffice an die IG Metall gewandt. Die Zahl der Angestellten unter der Mitgliedschaft - das typische Homeoffice-Klientel -, stieg um mehr als 1000 auf 66.700.
Unterstützung bei Arbeitsbedingungen und Veränderungen
Für die Zukunft sieht sich die IG Metall Baden-Württemberg gut gerüstet, mit speziell auf die Bedürfnisse einzelner Geschäftsstellen und deren Betriebe zugeschnittenen Konzepten soll die Nachwuchsgewinnung auch
in der Zukunft gesichert werden. Dafür hat die IG Metall schon vor Jahren das "Gemeinsame Erschließungsprojekt" (GEP) ins Leben gerufen. In enger Zusammenarbeit mit den regionalen Geschäftsstellen und den
Betriebsräten vor Ort entwickeln Gewerkschaftssekretäre Ideen für Ansprache und Aktionen und unterstützen die Geschäftsstellen über Monate bei der Umsetzung. Ziel ist dabei stets, Betriebsrats- und
Vertrauensleute-Gremien aktions- und konfliktfähiger zu machen, die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zu verbessern und sie am Prozess zu beteiligen.
Mit dem "Team Transformation" ist seit 2019 ein weiteres Projektteam der Bezirksleitung aktiv. Seine Aufgabe ist es, Geschäftsstellen und Betriebsräte vor Ort beim Veränderungsprozess in Fabriken und Büros zu unterstützen. Die Nachfrage steigt: "Vor Corona wurden wir häufig zu klassischen Zukunftsthemen wie Digitalisierung angefragt, seit letztem Jahr hören wir immer öfter die Frage nach Unterstützung in Krisensituationen - zum Beispiel, wenn Personalabbau und Verlagerungen drohen oder ein Firmenprodukt im Zuge des technologischen Wandels verschwindet und Alternativen gesucht werden", sagt Raphael Menez, Leiter des Teams Transformation.
Bedarf an Beratung in der Transformation steigt
Oftmals beginnt die Arbeit mit einer Qualifizierung der Betriebsräte in Zukunftsfragen, darauf folgen Workshops mit verschiedenen Akteuren, in denen Lösungen für das jeweilige Unternehmen entwickelt werden, die später mit dem Management diskutiert werden. Menez: "Wir verstehen uns als Impulsgeber, versuchen aber auch, eine Schnittstelle zu Akteuren außerhalb des Betriebs herzustellen - zum Beispiel in die Wissenschaft." Als Rahmen eines solchen Prozesses, der Monate bis Jahre dauert, steht im Idealfall eine Zukunftsvereinbarung zwischen dem Unternehmen und seinen Interessensvertretern. Darin wird etwa festgeschrieben, welche Investitionen in Zukunftsprodukte ein Betrieb tätigt, wie die Beschäftigten dafür qualifiziert werden und wie viel Geld dafür in einem Transformationstopf zur Verfügung steht. "Wichtig ist, dass die Beschäftigten von Beginn an mitwirken - etwa, indem wir sie fragen, wie sie sich ihre Arbeit in der Zukunft vorstellen. Das bringt eine Menge Verbesserungsvorschläge ans Licht und steigert die Bereitschaft der Belegschaft für die anstehende Transformation", so Menez.
Mittlerweile finden sich Zukunftsvereinbarungen in ein paar Dutzend kleinen wie großen Betrieben im Südwesten. Beim Autozulieferer ZF in Friedrichshafen beispielsweise sieht ein Tarifvertrag Transformation vor, dass zwischen Arbeitnehmervertretung und Unternehmen langfristige Zukunftsbilder für die Standorte entwickelt werden. Eine weitere Vereinbarung wurde jüngst bei Mapal - einem Hersteller für Sonderwerkzeuge für Verbrennungsmotoren - für den Standort Pforzheim geschlossen: Ursprünglich wollte der Autozulieferer dort 100 der rund 500 Arbeitsplätze abbauen. Mit Unterstützung der IG Metall konnten 73 davon gerettet werden und Un- und Angelernte erhalten mit Unterstützung der Arbeitsagentur die Chance, eine Ausbildung zu machen. In der damit verbundenen Zukunftsvereinbarung wurde ein Innovationsprozess gemeinsam mit den Beschäftigten festgeschrieben, zudem Arbeitszeitreduzierungen mit Teillohnausgleich und das Angebot von Abfindungen.
Bezirksleiter Zitzelsberger: "Mit unserer Arbeit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Sicherung von Standorten und Beschäftigung in Zeiten des Wandels. Das sichert nicht nur unsere eigene Existenz, sondern auch die der Unternehmen. Und zeigt einmal mehr, wie wichtig unsere Forderung nach tariflichen Rahmenbedingungen von Zukunftstarifverträgen in der M+E-Tarifrunde ist, damit alle Vereinbarungen die gleichen Qualitätsstandards haben."
Letzte Änderung: 04.02.2021