Karneval auch am Arbeitsplatz?
Auch in der fünften Jahreszeit haben Arbeitnehmer*innen keine Narrenfreiheit. Wer dies missachtet, der kann böse Überraschungen erleben. Damit es nicht soweit kommt und alle Arbeitnehmer*innen die närrische Zeit unbeschadet überstehen, sind die folgenden Hinweise zu beachten.
Grundsätzlich kein Anspruch auf Arbeitsbefreiung
Einen allgemeinen Anspruch auf Arbeitsbefreiung gibt es nicht einmal in den Hochburgen an Rhein und Mosel. Weder Rosenmontag, noch Faschingsdienstag sind allgemeine Feiertage, auch nicht nach "regionalen Gewohnheitsrecht".
Ob der Arbeitgeber den Rosenmontag als normalen Arbeitstag oder als zusätzlichen bezahlten "Feiertag" behandelt, ist seine Entscheidung. In dieser Frage hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht nach dem Betriebsverfassungsgesetz BetrVG.
Das hat das Landesarbeitsgericht Köln im Jahr 2013 ausdrücklich so entschieden (Landesarbeitsgericht Köln Beschluss vom 25.04.2013 - 7 TaBV 77/12).
Anspruch aus Arbeitsvertrag oder betrieblicher Übung
Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Freistellung kann sich aber aus einem Tarifvertrag, einer freiwilligen Betriebsvereinbarung oder einer arbeitsvertraglichen Regelung ergeben. Besteht eine solche Vereinbarung nicht, kann ein Anspruch
auf Arbeitsbefreiung gegebenenfalls aus einer sogenannten "betrieblichen Übung" hergeleitet werden.
Dieser von der Rechtsprechung entwickelte Anspruch besteht, wenn der Arbeitgeber ein bestimmtes Verhalten regelmäßig wiederholt, aus dem die Arbeitnehmer*innen schließen können, dass ihnen eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden soll.
Dementsprechend hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 3.9.1993 - 17 Sa 584/93 -, NZA 1994, 696) entschieden, dass ein Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung auch für die Zukunft entstanden ist, wenn der Arbeitgeber über drei Jahre hinweg vorbehaltlos und ohne jede Einschränkung an Rosenmontag bezahlte Arbeitsbefreiung gewährt.
Keine Selbstbeurlaubung
Besteht kein Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung, muss der Arbeitnehmer Urlaub einreichen. Nur, wenn der Arbeitgeber diesen auch genehmigt, kann der Arbeitnehmer an diesem Tag von der Arbeit fern bleiben.
Wird der Urlaub nicht genehmigt, sollte der Arbeitnehmer sich keinesfalls selbst beurlauben oder versuchen, diesen mit der Drohung zu erzwingen, er werde sonst an diesem Tag krank werden: Bei Androhung von Krankheit im Falle der Nichtgewährung von Urlaub droht die fristlose Kündigung (Bundesarbeitsgericht (BAG) v. 12.3.2009 - 2 AZR 251/07).
In Betracht kommt aber das Abfeiern von Überstunden. Auch hier sind aber die jeweils im betrieb geltenden Vorschriften für die Entnahme von Zeitguthaben zu beachten.
Live Übertragung des Karnevalsumzugs
Wenn man schon keinen Urlaub bekommt, möchte mancher Arbeitnehmer zumindest die Live-Übertragung des Karnevalszuges im Radio hören. Das ist rechtlich nur zulässig, wenn dadurch die Arbeit nicht leidet.
Der Arbeitnehmer ist nämlich aufgrund des Arbeitsvertrags verpflichtet, die ihm übertragene Arbeit ordnungsgemäß zu verrichten. Er muss konzentriert und sorgfältig arbeiten und darf die Arbeit nicht unterbrechen, um privaten Interessen nachzugehen. Wenn also die ordnungsgemäße Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch das Radiohören nicht beeinträchtigt ist, stellt das Radiohören auch keine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.1.1986 - Az.: 1 ABR 75/83).
In Betrieben ohne Betriebsrat kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts das Radiohören generell oder zu bestimmten Zeiten untersagen. In Betrieben mit Betriebsrat kann eine solche Regelung nicht einseitig erfolgen: Die Frage des Radiohörens betrifft die Ordnung im Betrieb und ist daher mitbestimmungspflichtig.
Alkoholkonsum
Ebenfalls eine Frage der Ordnung im Betrieb ist es, ob an Karneval oder zu anderen Gelegenheiten Alkohol getrunken werden darf (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.2.1990 - Az.:1 ABR 11/89). Besteht kein Betriebsrat, kann der Arbeitgeber
dies aufgrund seines Weisungsrechts eigenmächtig regeln.
Zu beachten ist in jedem Fall, dass alle Arbeitnehmer die Pflicht haben, ihre Leistungsfähigkeit und die Sicherheit am Arbeitsplatz nicht durch den Alkoholkonsum zu gefährden.
Krawatte abschneiden
Es ist ein gängiger Brauch, männlichen Kollegen und insbesondere Vorgesetzten an Weiberfastnacht die Krawatte abzuschneiden. Besonders in den Karnevalshochburgen haben sich die potentiellen Opfer darauf eingestellt und werden
hieran keinen Anstoß nehmen.
Wer nicht möchte, dass ihm die Krawatte abgeschnitten wird, sollte zumindest an Weiberfachnacht auf eine Krawatte verzichten oder nur eine tragen, auf die er gut verzichten kann. Derartige Vorkehrungen vermeiden spätere Rechtsstreitigkeiten und fördern den Betriebsfrieden.
Dennoch ist Vorsicht geboten: Das Abschneiden der Krawatte stellt eine Sachbeschädigung dar, das Opfer darf sich also grundsätzlich dagegen wehren. So hat das Amtsgericht Essen entschieden, dass das ungewollte Abschneiden einer Krawatte zu einer Schadensersatzpflicht führt (ArbG Essen v. 3.2.1988 - 20 C 691/87 -, NJW 1989, 399).
Verkleidung am Arbeitsplatz
Ob man verkleidet zur Arbeit erscheinen darf, hängt davon ab, wo man arbeitet, insbesondere, ob man Kundenkontakt hat. Die meisten Menschen dürften kein Problem damit haben, wenn sie am Rosenmontag von einem Verkäufer mit
Clownsnase ihre Brötchen oder Krapfen überreicht bekommen, bei einem Bankberater mag dies schon anders aussehen.
Unerlässlich ist zudem das Tragen von Schutzkleidung, wo diese vorgeschrieben ist. Auch in den Karnevalshochburgen darf der Bauarbeiterhelm nicht gegen eine Narrenkappe eingetauscht werden.
Unfallschutz für Jecken
Nun mag sich manche Belegschaft überlegen, eine eigene Karnevalsfeier zu organisieren. Bei einer solchen betrieblichen Karnevalsfeier gelten hinsichtlich des unfallversicherungsrechtlichen Schutzes die allgemeinen Regeln:
Wenn die Feier dem Betriebsklima dient und allen Betriebsangehörigen offen steht, stehen die Arbeitnehmer*innen während der Feier und auf dem Hin- und Heimweg unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Entscheidend für den Unfallschutz ist allein, ob die Feier vom Willen des Arbeitgebers getragen ist (Bundessozialgericht, Entscheidung vom 26.06.2014, Az.: B 2 U 7/13 R).
Unproblematisch ist dies vor allem, wenn die Betriebsfeier vom Arbeitgeber selbst organisiert ist, aber auch eine selbst organisierte Feier kann vom Unfallschutz gedeckt sein. Entscheidend ist, dass eine solche Feier mit dem Arbeitgeber abgesprochen ist.
Autor: Dr. Till Bender, Rechtsschutzsekretär und Online-Redakteur, Bamberg
Letzte Änderung: 08.02.2018