Appell an die künftige Bundesregierung
Der DGB Baden-Württemberg appelliert nach der gestrigen Wahl an alle dem Grundgesetz verpflichteten Parteien, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die Demokratie zu stärken. Die neu gewählten Abgeordneten müssten sich für einen starken Sozialstaat und die Verbesserung von Arbeitnehmerrechten einsetzen. "Es zeichnet sich ab, dass Arbeitnehmerinteressen nach diesem Wahlergebnis deutlich schwieriger umzusetzen sein werden als bisher. Ich befürchte, dass es beim Thema soziale Gerechtigkeit Stillstand geben wird", sagte Martin Kunzmann, der DGB-Landesvorsitzende. Er zeigte sich schockiert über das starke Abschneiden der AfD: "Der Rechtsruck in unserer Gesellschaft ist äußerst bedenklich. Wenn eine Partei mit der Ansage in den Bundestag einzieht, dass sie sich "ihr Volk zurückholen will", zeugt das von einem autoritären Herrschaftsanspruch, der mit unserem demokratischen Verständnis nicht vereinbar ist."
Der DGB dringt darauf, die Themen soziale Gerechtigkeit, Verbesserungen in der Arbeitspolitik, Investitionen in Bildung und Infrastruktur sowie ein soziales und starkes Europa auf die Agenda für die anstehenden Koalitionsverhandlungen zu setzen. Die Verunsicherung vieler Menschen angesichts der Globalisierung, die Angst vor nicht zu bewältigenden Integrationsaufgaben und vor kulturellen Konflikten müssten ernst genommen werden. "Die Politik muss den Menschen mehr Sicherheit vermitteln, allerdings ohne einen harten Abschottungskurs einzuschlagen. Hierfür brauchen wir einen leistungsfähigen Sozialstaat. Hierfür brauchen wir auch ein Einwanderungsgesetz", erklärte der DGB-Landesvorsitzende.
Kunzmann weiter: "Eine deutliche Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger wünscht sich, dass das Rentensystem zukunftsfest gemacht wird. Ihr Wunsch steht im klaren Widerspruch zur Ankündigung von CDU/CSU, alles bis 2030 weiterlaufen zu lassen. Schon heute erhalten Neurentner in Baden-Württemberg nur noch durchschnittlich 1100 Euro Rente, bei den Frauen sind es lediglich 687 Euro.
Zu den notwendigen Reformen in der Sozialpolitik gehört auch die Rückkehr zur Parität in der gesetzlichen Krankenversicherung. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zahlen im Schnitt jährlich 400 Euro mehr an Beiträgen als die Arbeitgeber, weil ihr Beitrag bei 8,4 Prozent liegt und damit 1,1 Prozentpunkte über dem der Arbeitgeber."
Eine weitere zentrale Forderung des DGB an die künftige Bundesregierung ist, sich für mehr tarifgebundene und unbefristete Arbeitsplätze einzusetzen. "Lohndumping ist nicht nur für die Beschäftigten
entwürdigend. Es gefährdet auch unsere Wettbewerbsfähigkeit, wenn Menschen dauerhaft ihre Arbeit unter Wert verkaufen müssen. Mehr als jeder fünfte abhängig Beschäftigte verdient zehn Euro oder weniger
in der Stunde. Sachgrundlose Befristungen haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Insbesondere jungen Menschen zeigt man schon am Anfang ihres Berufslebens, dass sie eher als Kostenfaktor denn als Leistungsträger gesehen
werden. Die Möglichkeit sachgrundloser Befristung muss endlich abgeschafft werden", bekräftigte Kunzmann.
Die Gewerkschaften dringen darauf, die Tarifbindung zu erhöhen. Hierfür müsse der Geltungsbereich von Tarifverträgen erweitert werden. Branchentarifverträge müssten einfacher für allgemeinverbindlich
erklärt werden können.
Letzte Änderung: 27.09.2017