Internationaler Frauentag 2015
Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März weist der DGB Baden-Württemberg auf die vielen unbearbeiteten frauenpolitischen Baustellen im Land hin. Bei der politischen Repräsentanz von Frauen ist das Land Schlusslicht. "Wenn wir in dieser Geschwindigkeit weitermachen, sind wir frühestens in 60 Jahren bei einem Frauenanteil von 50 Prozent im Landtag und in unseren Gemeinderäten" sagte Gabriele Frenzer-Wolf, die stellvertretende Vorsitzende des DGB Baden-Württemberg. Das entspräche annähernd dem Bevölkerungsanteil der wahlberechtigten Frauen, der bei 52 Prozent liegt. Gegenwärtig sind nur 20 Prozent der Landtagsabgeordneten weiblich.
Der DGB sieht in dieser mangelhaften Repräsentanz eine der Ursachen dafür, dass die Gleichstellungspolitik in Baden-Württemberg nicht so wirkungsvoll ist, wie sich der DGB und Frauenverbände das wünschen. Anstelle eines verbindlichen Reißverschlussverfahrens im Kommunalwahlrecht wurde nur die Empfehlung an die Parteien eingeführt, mehr Frauen zu nominieren. Eine Änderung des Landtagswahlrechts hin zu einer Listenwahl - in allen anderen Bundesländern Usus - wurde fraktionsübergreifend abgelehnt. Erst vor wenigen Wochen wurde die Chance vertan, eine Landtagspräsidentin zu wählen.
Und auch das geplante Gleichstellungsgesetz für den öffentlichen Dienst scheint die Amtsstuben nicht verlassen zu dürfen. Im Koalitionsvertrag ist versprochen, die Chancengleichheit im öffentlichen Dienst zu verbessern. Kernpunkt der von der Landesregierung zugesagten neuen Regelung ist die Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten auf kommunaler Ebene.
Aber auch die Wirtschaft sei gefordert, betonte Frenzer-Wolf. In Baden-Württemberg gibt es bundesweit die meisten Minijobber, rund zwei Drittel von ihnen sind Frauen. 83,7 Prozent der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen. Die Arbeitszeitwünsche von Frauen sind stark geprägt von der familiären Situation, Kindererziehung und Pflege von Angehörigen beeinflussen die Erwerbstätigkeit von Frauen. Bei Männern hingegen wirken sich familiäre Verpflichtungen immer noch kaum auf die Arbeitszeit aus. Männer, die eine längere Elternzeit nehmen oder Teilzeit arbeiten wollen, werden von ihren Chefs scheel angesehen. "Auch hier ist ein Umdenken notwendig", sagte die DGB-Vizevorsitzende an die Adresse der Personalchefs.
Von dem zu Jahresbeginn eingeführten Mindestlohn profitierten in erster Linie Frauen. Zwei Drittel aller Beschäftigten im Niedriglohnsektor seien Frauen, stellte Frenzer-Wolf fest. Sie hätten die Lohnerhöhung, die ihnen der Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde bringe, wirklich verdient. "Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen schließt der Mindestlohn allerdings nicht - dafür ist er auch nicht gedacht. Die Gewerkschaften werden weiter für faire Löhne kämpfen."
Der DGB fordere ein wirksames Entgeltgleichheitsgesetz, das Unternehmen dazu verpflichtet, ihre Entgeltpraxis zu überprüfen und geschlechtergerecht zu gestalten, sagte Frenzer-Wolf. Frenzer-Wolf: "Noch immer sind die Unternehmen häufig nicht bereit, die Bedürfnisse der Frauen anzuerkennen und ihnen entsprechende Bedingungen am Arbeitsplatz zu gewähren. Rückkehr aus Teilzeit in Vollzeit, Qualifizierung, gute Kinderbetreuungsangebote, Pflegeunterstützung - all das gehört für Frauen dazu, wenn sie beruflich wieder durchstarten wollen. Das Musterland guter Arbeit versagt immer noch zu oft, wenn es darum geht, Frauen ein existenzsicherndes Einkommen zu ermöglichen." Das Fazit der DGB-Vizechefin: "Ohne mehr Frauen in der Politik werden wir Fortschritte weiterhin nur in homöopathischen Dosen erreichen."
Letzte Änderung: 05.03.2015