Gemeinsame Funktionärskonferenz
HEUBACH (oap) - Bei einer Funktionärskonferenz in der Heubacher Stadthalle stimmt die IG Metall Aalen und Schwäbisch Gmünd ihre Mitglieder auf eine offensive Tarifrunde im Frühjahr ein.
"Der Frühling wird heiß", sagte Walter Beraus von der IG Metall-Bezirksleitung Baden-Württemberg am Montagabend zu rund 170 Funktionären. Die IG Metall Aalen und Schwäbisch Gmünd hatte zu einer gemeinsamen Versammlung in die Heubacher Stadthalle eingeladen. Auf der Tagesordnung der Funktionärskonferenz standen die anstehenden Tarifverhandlungen und eine groß angelegte Beschäftigtenbefragung der IG Metall.
Die Vorbereitungen zu den Tarifverhandlungen ab Mitte März seien in vollem Gange, erklärte Beraus. Der Zeitplan sei sehr eng. Wenn die Friedenspflicht am 30. April endet, rechnet die IG Metall mit massiven Warnstreikwellen, um ihren Forderungen den notwendigen Nachdruck zu verleihen und zügig zu einem guten Abschluss zu kommen. In den nächsten Wochen werde in den Betrieben die Höhe der Forderung diskutiert. Die große Tarifkommission in Baden-Württemberg wird die Forderung am 13. März beschliessen.
In der Tarifrunde 2012 seien wichtige Ziele erreicht worden, resümierte Beraus. Ein großer Erfolg sei die unbefristete Übernahme bei Auszubildenden; ein wichtiger Schritt bei der Leiharbeit seien die Mitbestimmung und die Branchenzuschläge. Jetzt sei darauf zu achten, dass die Tarifverträge in den Betrieben umgesetzt würden, mahnte Beraus.
Die IG Metall will in den Betrieben das Augenmerk auch auf Outsourcing, Werkverträge, die Arbeitszeiten und die Arbeitsbedingungen richten. "Die Rente ab 67 ist Blödsinn", betonte Walter Beraus, "denn angesichts der Belastungen in den Betriebe erreichen viele Beschäftigte dieses Alter nicht. Jeder sollte die Möglichkeit haben, das Rentenalter gesund zu erreichen", forderte Beraus. "Wir müssen den Hebel in den Betrieben ansetzen."
All diese Themen will die IG Metall in einer Beschäftigtenbefragung aufgreifen. "Die IG Metall will wissen, wo der Schuh drückt", erläuterte Beraus. Es geht um die Situation am Arbeitsplatz, um gute Arbeit, Flexibilität und Belastungen. Fragen gibt es auch zur Vereinbarkeit von Arbeit und Leben, Weiterbildung, Alterssicherung und Rente mit 67. Außerdem wird nach der Arbeit des Betriebsrats und der IG Metall gefragt und nach den Anforderungen an einen politischen Kurswechsel. Der Fragebogen soll in den nächsten Wochen in den Betrieben verteilt werden. Das Ziel sei eine fundierte Befragung, die von den Tarifpartnern oder der Politik nicht so einfach weggewischt werden könne, so Beraus.
In der anschließenden Diskussion ging einigen Funktionären der Fragebogen nicht weit genug. "Der Niedriglohnsektor gehört nicht eingeschränkt, sondern komplett abgeschafft", sagte Veronika Stossun, Vorsitzende des europäischen Betriebsrates bei Triumph International.
Auch von einer Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich war die Rede. Es gelte vor allem, den vielen Arbeitslosen eine Chance zu geben, die durch eine Arbeitszeitverkürzung frei werdenden Arbeitsplätze zu besetzen, hieß es aus der Runde der Funktionäre.
Trotz den motivierten und engagierten Diskussionsbeiträgen dämpfte Roland Hamm, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Aalen und Schwäbisch Gmünd, die hohen Erwartungen der Mitglieder: "Wir müssen uns auf eine lange Wegstrecke einstellen. Die Debatte über die Werkverträge hat eben erst begonnen", meinte Hamm. Jetzt gelte es zunächst die Fragebögen auszufüllen, um zu sehen, wo die Basis die Schieflage sehe. Gewerkschaftliche Handlungsfelder seien der Betrieb, die Tarifpolitik, aber auch das gesellschaftliche Feld in Hinblick auf die Bundestagswahl im Herbst.
"Wir haben bei der Zurückdrängung prekärer Beschäftigung nicht mehr oder weniger als den Fuß in der Tür", meinte Hamm. "Leistung muß sich wieder lohnen", zitierte Hamm Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl. Wenn am Ende des Mindestlohns die Rente stünde, dann müsse der Mindestlohn nach einem langen und harten Arbeitsleben eine Rente ohne Armut garantieren, sagte Hamm. Das wären dann nicht 8,50 Euro, sondern zehn oder gar zwölf Euro in der Stunde. Nach derzeitiger Gesetzeslage müsse ein Arbeitnehmer im Jahr 2030 von einer Rente leben, die 45 Prozent des letzten Nettogehalts betrage, beschrieb Hamm und sprach sich für eine offensive Tarifpolitik aus. Gute Arbeit, gut in Rente, sei das wichtige Thema für die IG Metall.
Wer an den Stellschrauben "Rentenalter" und "Rentenniveau" drehe, sei für die Altersarmut verantwortlich, schimpfte Hamm. Lebens- und Wochenarbeitszeit müssten wieder in die betriebliche und gesellschaftliche Diskussion gebracht werden und Arbeit müsse wieder menschlicher werden, forderte Hamm und erntete kräftigen Beifall.
Letzte Änderung: 21.02.2013