Atypische Beschäftigung: Minijobs
Armutsfalle Minijob
Einzige Einkommensquelle oder nur Nebenjob - Minijobs sind eine Niedriglohnfalle. Die Betroffenen werden schlechter bezahlt als andere Arbeitnehmer, sind sozial nicht abgesichert und schaffen selten den Sprung in einen regulären Job. Die IG Metall bekämpft diese Schieflage bei den Einkommen.
Wenn das Geld nicht zum Leben reicht oder eine außerordentliche finanzielle Ausgabe ansteht, dann verdienen sich immer mehr Menschen mit Hilfe eines Minijobs noch etwas dazu. Aber nicht nur: Für manche ist es auch die einzige Einkommensquelle. In Deutschland stieg die Zahl der 400-Euro-Jobs 2011 auf 7,3 Millionen an. Das ist der höchste Stand seit 2003.
Der Arbeitsmarkt gerät immer mehr in Schieflage. Einerseits gibt es Arbeitsverhältnisse, die geregelt und sozial abgesichert sind. Andererseits steigt die Zahl der unsicheren und schlecht bezahlten Jobs. Die Unternehmen lösen Arbeitsplätze aus der Betriebsbindung heraus und ersetzen die Festangestellten durch Leiharbeit, Werkverträge oder Minijobs. Mit den Minijobs haben die Unternehmen eine Möglichkeit gefunden, die Personalkosten rapide zu senken. Denn für diese Arbeitnehmer müssen sie keine Steuern und Sozialabgaben zahlen. Deren Bruttolöhne entsprechen dem Nettoeinkommen - noch ein willkommenes Argument für die Firmen, Minijobbern niedrigere Stundenlöhne als den Stammbeschäftigten zu bezahlen. Für die IG Metall ist die Entwicklung des Niedriglohnsektors ein Armutszeugnis für die Politik. "Wenn von 40 Millionen Erwerbstätigen sieben Millionen in Minijobs arbeiten, hat die Politik die Reformschraube überdreht", stellte Berthold Huber, Erster Vorsitzender der IG Metall, fest.
Viele Frauen in Minijobs
Ursprünglich waren die Minijobs als "Hinzuverdienstmöglichkeit für Ehefrauen" gedacht. Doch inzwischen sind die 400-Euro-Jobs für viele Menschen die einzige Erwerbsmöglichkeit (4,8 Millionen). Zwei Drittel dieser Minijobber sind weiblich - 3,2 Millionen. Für sie entpuppt sich diese Verdienstmöglichkeit immer mehr als Sackgasse: Die Minijobberin bleibt zwar über den Ehemann krankenversichert und das Ehepaar hat Steuervorteile aus dem Ehegattensplitting, doch den meisten Frauen gelingt es nicht, in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu wechseln. Warum? Es gibt einfach keinen anderen Arbeitsplatz. Damit bleibt manchen Frauen eine eigenständige Existenzsicherung verwehrt und die Abhängigkeit setzt sich bis ins Alter fort. Wer nur wenig verdient hat, bekommt später auch nur eine niedrige Rente.
Hartz-IV-Empfänger müssen aufstocken
Hartz-IV-Bezieher sind besonders schlecht dran. Denn die Bruttolöhne von Minijobbern, die gleichzeitig Hartz IV beziehen, sind besonders niedrig. 2009 erhielten sie weniger als 6,08 Euro je Stunde. Dass die Bezahlung so niedrig ist, hat auch nichts mit den Qualifikationsunterschieden zu tun, das haben Forscher der Hans-Böckler-Stiftung herausgefunden. Nach deren Meinung ist es vielmehr so, dass die Unternehmen die staatliche Grundsicherung bei solchen Niedriglöhnen mit einrechnen. Hartz-IV-Bezieher bekommen danach eine Art Kombilohn zu Lasten der Allgemeinheit. Der Betroffene beantragt trotz Arbeit Hartz-IV und der Steuerzahler gleicht die geringe Entlohnung mit Sozialleistungen wieder aus. Auch die vielgepriesene Brückenfunktion, um auf ein regulären Arbeitsplatz zu kommen, ist eher ein Gerücht. Nur neun Prozent wechseln später in eine Normalbeschäftigung.
Neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt überfällig
Minijobs sind ein weiterer Beleg dafür, dass eine Regulierung des Arbeitsmarktes überfällig ist. Mehr Regulierung bedeutet nicht weniger Wirtschaftswachstum, sondern mehr Sicherheit. Um die schlimmsten Auswüchse zu verhindern, fordert die IG Metall Equal-Pay in der Leiharbeit und flächendeckende Mindestlöhne. Dann würden die Bezieher niedriger Einkommen mehr Geld erhalten und könnten von ihrem Einkommen leben. Das belebt zudem die Binnenkonjunktur und kostet den Steuerzahler keinen Cent.
Letzte Änderung: 11.02.2012