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08.06.2011 Neue Freude für den Mindestlohn! Was sich diese Freunde vorstellen und was der Mindestlohn bringt, das erklärt der aktuelle DGB-Klartext.

Neue Freunde für den Mindestlohn

Der Mindestlohn hat neue Freunde: Nach jahrelanger Ablehnung, ja Bekämpfung einer einheitlichen, gesetzlichen Lohnuntergrenze mehren sich nun die Pro-Stimmen bei der CDU und sogar in Teilen der FDP. Am Wochenende wurde auf der Bundestagung des Arbeitnehmerflügels der CDU (CDA) einem Antrag auf einen "nachgelagerten" Mindestlohn zugestimmt.

Alle einig, alles gut? - Immerhin ein enormer Schritt für die einstigen Mindestlohn-Gegner. Aber schauen wir genauer hin: Der CDA schwebt ein von den Sozialpartnern ausgehandelter Mindestlohn vor, der nur bei Beschäftigten greift, für die keine sonstigen tariflichen Löhne gelten. Und die baden-württembergische FDP schlägt eine bundesweit einheitliche Untergrenze vor, die sich an den niedrigsten Marktlöhnen orientiert. Da in vielen Dienstleistungsberufen der niedrigste tarifliche Stundenlohn bei z. T. unter sechs Euro liegt (etwa bei Beschäftigten im Hotel- und Gastgewerbe; noch darunter sogar bei den FriseurInnen und FloristInnen) wäre eine solche Regelung für die rund 6,5 Mio. Beschäftigten im Niedriglohnsektor kein Schutz vor Armut. Der DGB fordert deshalb bereits seit 2006 einen allgemeinen, flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, aktuell in Höhe von mindestens 8,50 Euro.

Würde er eingeführt, könnten nach einer aktuellen Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung fünf Millionen oder 15,8 Prozent aller abhängig Beschäftigten profitieren, die derzeit mit weniger als 8,50 Euro pro Stunde von der Hand in den Mund leben. Zudem würden Fiskus und Sozialkassen um gut sieben Milliarden Euro entlastet, weil die Zahl der Hartz IV-Aufstocker zurückginge, der Staat den Unternehmen keine Billiglöhne mehr subventionieren würde.

Aber mit einem so hohen Mindestlohn würden doch massenhaft Jobs vernichtet! So lamentieren die Kritiker seit Jahren. Doch dieses Vorurteil widerlegt eine groß angelegte, empirische Langzeitstudie der Universität Berkeley in den USA (wo es auch Mindestlöhne gibt!) Das Fazit: Mindestlohn-Erhöhungen führen nicht zu kurz- oder langfristigen Jobverlusten bei Niedriglohntätigkeiten. Und: Fast immer verdienten Niedriglöhner nachher besser, die Arbeitgeber hielten sich an die staatlichen Vorschriften. Diese Erfahrungen haben auch unsere europäischen Nachbarn gemacht. In 20 von 27 EU-Staaten gibt es den gesetzlichen Mindestlohn!

Die Deutschen haben ihn nicht, und dafür werden sie inzwischen bedauert. Im Rahmen einer Kampagne gegen die von Kanzlerin Merkel angeleitete europäische Sparpolitik solidarisiert sich die belgische Gewerkschaft CSC mit deutschen Niedriglöhnern: "Das deutsche Wunder. Heinrich verdient 4,18 Euro die Stunde. Helft Heinrich. Lasst Europa nicht dem deutschen Beispiel folgen", so der Slogan (www.helpheinrich.be).

Deswegen: Der wahre Freund des Mindestlohns sorgt für eine Existenz sichernde, flächendeckende, gesetzliche Lohnuntergrenze von mindestens 8,50 Euro!

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Klartext Nr. 21/2011

Klartext Nr. 21/2011

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Letzte Änderung: 07.06.2011