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14.02.2011 Der DGB-Klartext erklärt, warum Nahrungsmittelspekulation verboten gehört.

Nahrungsmittelspekulation verbieten

Der Versuch, die Finanzkrise als Unfall zu kaschieren, scheitert ständig an der Realität. Kaum war sie zur Schuldenkrise unsolider Staaten umdefiniert, setzte die deutsche Industrie die Rohstoffspekulation auf die Agenda. China fest im Blick, wurde flugs eine EU-Rohstoffstrategie gezimmert. Unbeachtet blieben explodierende Nahrungsmittelpreise - bis sich die Völker südlich des Mittelmeeres gegen bisher so zuverlässige Machthaber erhoben.

Korruption, Folter und politische Entmündigung gelten als Ursachen für die massiven Proteste in der arabischen Welt. Vom Jemen bis Marokko haben die Regimes jedoch nicht zufällig mit Subventionen für Grundnahrungsmittel reagiert. Denn schon 2008 hatten steigende Preise zu Unruhen geführt. Weltbank-Präsident Zoellick zeigte der Weltpresse damals ein Fladenbrot als Symbol gegen die Nahrungsmittelspekulation. Dabei blieb es.

Es folgte mit der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 die weltweite Finanzkrise. Um den Totalabsturz der Weltwirtschaft zu verhindern, wurden die Finanzmärkte mit billigem Geld geflutet. Banken wurden gerettet. Fast ohne Bedingung! Fast ohne Gegenleistung! Das billige Geld wurde nicht selten für einträgliche Wetten auf steigende Weizen-, Reis- und Maispreise statt für reale Investitionen verwendet. Inzwischen liegen die weltweiten Lebensmittelpreise so hoch wie nie. Der Getreidepreis nähert sich seinem Allzeithoch von 2008 (siehe Abbildung). Konkret: Der Preis für ein Fladenbrot hat sich in Kairo in den letzten Tagen auf 30 Cent vervierfacht - bei einem durchschnittlichen Tageslohn von 1,44 Euro.

Bankenexperten geben gern den Klimawandel und Missernten als Gründe an. Die Preissteigerungen stehen jedoch in keinem Verhältnis zum Ernteausfall oder einem plötzlichen Nachfrageanstieg. Im Jahresverlauf 2010 sank die Produktion von Getreide und Reis um nur 1 Prozent, deren Preise stiegen aber um 40 Prozent. Die explosionsartigen Preissteigerungen bei vielen Agrarprodukten und die abrupten Preisschwankungen lassen sich nicht ohne Spekulation erklären.

Allein Goldman Sachs machte 2009 mit Rohstoffderivaten 5 Milliarden US-$ Gewinn - darunter in steigendem Maße durch Agrarrohstoffderivate. Gefolgt von Merrill Lynch und Deutsche Bank. Steigende Nahrungsmittelpreise erhöht die Zahl der Hungernden. Weltweit hungern 925 Millionen Menschen. Ende 2009 gab es 100 Millionen Hungernde mehr.

Die Spekulationen mit Nahrungsmitteln sind volkswirtschaftlich, aber auch moralisch, verwerflich. Sie gehören verboten.

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DGB-Klartext 5/2011

DGB-Klartext 5/2011

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Letzte Änderung: 14.02.2011