AALEN-OBERALFINGEN (oap) - Bei ihrer Delegiertenversammlung am 23. November 2010 in Aalen-Oberalfingen diskutierte die IG Metall Aalen die Lage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland und formulierte ihre Forderungen.

Am 13. November 2010 habe die IG Metall zusammen mit anderen Gewerkschaften machtvoll gegen das Sparpaket der Bundesregierung demonstriert, sagte Josef Mischko, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Aalen, bei der letzten Delegiertenversammlung dieses Jahres am Dienstagabend im Gasthaus Kellerhaus. Erst vor ein paar Tagen habe Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen angekündigt, dass die Rente mit 67 kommen würde, sagte Mischko und zitierte Professor Dr. Ernst Kistler vom Internationalen Institut für Empirische Sozialökonomie. Dieser sieht einen wachsenden Konflikt zwischen Arm und Reich. Der Sozialstaat habe eher ein Einnahmeproblem als ein Ausgabenproblem. Für die Rentenberechnung gehöre ein anderes Berechnungssystem her, so wie es der DGB vorgeschlagen habe, erläuterte Mischko. Die Rente mit 67 sei in Wirklichkeit eine massive Rentenkürzung, da die wenigsten Arbeitnehmer es schaffen würden, bis 67 zu arbeiten, schimpfte Mischko.

Roland Hamm, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Aalen, sprach sogar von "Versicherungsbetrug". Nicht einmal ein Viertel aller 60- bis 65-Jährigen sei noch in den Betrieben. Für eine Beibehaltung der Rente mit 65 müssten die Beiträge lediglich um 0,5 Prozent angehoben werden, die je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen würden, klärte Hamm auf. Auch an der Gesundheitsreform ließ Hamm kein gutes Haar. Alle Maßnahmen im Gesundheitssektor hätten nichts bewirkt. Auch hier gebe es kein Ausgaben-, sondern ein Einnahmeproblem. Die Basis der gesetzlich Versicherten gehöre verbreitert, deshalb fordere die IG Metall die Bürgerversicherung, sagte Hamm.

2010 sei ein durchaus schwieriges Jahr gewesen, sagte Hamm in seinem Jahresbericht. Die Krise sei zwar gemeistert, doch 2,94 Millionen Arbeitslose seien kein Grund zum Jubeln. In Wirklichkeit gebe es sogar zwischen sieben und acht Millionen Arbeitslose. Solange die Zahl der Arbeitslosen so hoch sei, dürfe die IG Metall nicht aufhören zu kämpfen. "Seit mehr als 20 Jahren leben wir in einer Ökonomisierung, in der der Mensch nicht mehr wichtig ist, sondern nur der Profit zählt", sagte Hamm. Die ersten Opfer der Krise seien die Leiharbeiter und befristet Beschäftigten gewesen. Jetzt sei die Zahl der Leiharbeiter wieder kräftig angestiegen. Im nächsten Jahr sei es daher die vordringlichste Aufgabe der IG Metall, Leiharbeit zu verhindern oder mit den Unternehmen Regelungen über gleichen Lohn für die gleiche Arbeit zu vereinbaren, sagte Hamm. Mit dem Mindestlohn hätten wir ein Einnahmeproblem weniger, meinte auch Mischko. Allein im Ostalbkreis gebe es etwa 2.500 Arbeitnehmer, die ihren Lohn aufstocken lassen müssten, weil sie weniger als den Sozialhilfesatz verdienen.

Die Mitgliederentwicklung der IG Metall verzeichne einen überdurchschnittlichen Zuwachs bei den Jugendlichen und Auszubildenden. Dies sei auf die gute Arbeit der Jugendsekretärin Cynthia Schneider zurückzuführen, lobte Hamm. Doch unterm Strich würde die IG Metall Mitglieder verlieren. Wer meine, dass Gewerkschaften nicht mehr gebraucht würden, werde im Hinblick auf die aktuelle politische Entwicklung eines Besseren belehrt, meinte Mischko und fügte hinzu: "Jetzt ist die Grundsteinlegung für den Abbau des Sozialstaates. Dagegen müssen wir uns wehren. Denn wir haben solidarische Alternativen, für die es sich zu kämpfen lohnt. Beteiligt euch, für unsere Ziele Mitstreiterinnen und Mitstreiter zu gewinnen."