Protest gegen Sparpaket
STUTTGART (oap) - Zehntausende protestierten auf dem Stuttgarter Schlossplatz gegen die Sparpolitik der Bundesregierung und forderten Gerechtigkeit. Roland Hamm sprach bei der Auftaktkundgebung
Aus dem ganzen Land kamen am Samstag, dem 12. Juni 2010, die Busse zu der Großdemonstration in Stuttgart. Nach dem Motto "Das nennt ihr gerecht? Gerecht geht anders!" hatte sich ein Bündnis aus Gewerkschaften, Opposition und sozialen Vereinen zusammengetan, um ihren Unmut über das Sparpaket der Bundesregierung kundzutun.
Auch viele Mitglieder der IG Metall Aalen und Schwäbisch Gmünd waren bereit, ein Zeichen für Solidarität zu setzen. Es könne doch nicht sein, dass die Zeche der Finanzkrise von den Kleinen gezahlt werde, während die Banken schon wieder Milliarden Euro an Gewinnen einfahren würden, hieß es bereits bei der Auftaktkundgebung am Sammelplatz für den großen Demonstrationszug in der Lautenschlagerstraße.
Dies sei die erste richtige Antwort auf die Sparbeschlüsse der Bundesregierung, sagte ver.di-Bezirksgeschäftsführer Bernd Riexinger. Von diesen Sparbeschlüssen seien hauptsächlich die Erwerbslosen betroffen. Dies sei ein unmöglicher Zustand, der die Ärmsten noch ärmer mache, so Riexinger.
Auch das Milliardenprojekt "Stuttgart 21" war ein Thema. "Stuttgart 21" sei als Spekulationsprojekt ein Teil der Krisenursachen, sagte Roland Hamm, erster Bevollmächtigter der IG Metall Aalen/Schwäbisch Gmünd. Es gebe öffentliche Ausgaben, über deren Einsparung die Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger in Jubel ausbrechen würde. Der Ausstieg aus Stuttgart 21 würde die Haushalte des Bundes, der Bahn, des Landes Baden-Württemberg und der Stadt Stuttgart um mindestens 4,1 Milliarden Euro, wahrscheinlich aber eher um sieben Milliarden Euro entlasten, so Hamm.
Von der Lautenschlagerstraße ging es dann über den Rotebühlplatz zum Schlossplatz, wo sich die mehr als 20.000 Demonstranten versammelten, um gemeinsam und friedvoll gegen die Ungerechtigkeiten der Bundesregierung zu demonstrieren.
"Die Raubtiere laufen alle noch frei herum!", sagte ver.di-Vorsitzender Frank Bsirske. So gut wie nichts sei passiert, um die Märkte zu regulieren. Dieses Regime der Maßlosigkeit müsse beseitigt werden, forderte Bsirske. Das Ziel der Politik könne nicht sein, die Verluste zu sozialisieren. 30 Jahre lang sei das Hohelied auf Deregulierung und Gewinnmaximierung gesungen worden und jetzt, wo es darum gehe, Konsequenzen zu ziehen, würde der Staat als teurer Schwächling tituliert. Als sei der Staat eine Last, die den Bürger teuer zu stehen komme, wetterte Bsirske. Es gehe darum, die Frage zu beantworten, wer die Zeche der Krise zahlen solle. Die Armen und Arbeitslosen, die schon jetzt jeden Euro dreimal umdrehen müssten, sollten nach den Sparbeschlüssen der Bundesregierung noch weniger erhalten, und das sei erst der Anfang, so Bsirske. Das eigentliche Desaster komme noch, wenn aus bisherigen Pflichtleistungen Ermessensleistungen würden. Dann würde sich der Sozialstaat in einen Almosenstaat verwandeln.
Tumultartige Szenen überschatteten die Kundgebung auf dem Stuttgarter Schlossplatz, als SPD-Landtagsfraktionschef Claus Schmiedel während seiner Rede aus einem Block von rund 80 Menschen mit Eiern und Bananen beworfen wurde. Schmiedel wurde mit Regenschirmen geschützt. Die Polizei stürmte die Bühne. Schon zuvor war die Rede des SPD-Politikers durch Trillerpfeifen und Buh-Rufe so vehement gestört worden, dass kaum ein Wort zu verstehen war.
Man könne nur hoffen, dass diese Aktion des schwarzen Blocks der Autonomen nicht die gesamte Veranstaltung diskreditieren würde, sagte Hamm und forderte zu weiteren friedlichen Protesten gegen das Sparpaket auf.
Letzte Änderung: 15.06.2010