Leiharbeit fair gestalten

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30.06.2010 Tom S., 26 Jahre, Verfahrensmechaniker für Kunststoff und Kautschuk, Leinzell, will in seinem Beruf arbeiten - nicht in Leiharbeit. Warum, sagt er hier.

Die IG Metall hat eine Initiative "Gleiche Arbeit - gleiches Geld" gestartet. Sie duldet nicht, dass Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Durch eine breite gesellschaftliche Debatte über die Leiharbeit sollen Veränderungen bei Politik und Wirtschaft erreicht werden.

Wie erleben Betroffene ihre Situation?

Wir haben mit Tom S. (*) gesprochen. Tom S. hat im Dezember 2009 seinen Arbeitsplatz verloren. Ein dramatischer Auftragseinbruch, Verlagerung der Produktion ins Ausland, Interessenausgleich, Sozialplan. Man kennt das, die Wirtschaftskrise sagt man. Bei der Sozialauswahl wird auch Tom S. aussortiert. Er hat in "seinem" Betrieb rund 10 Jahre verbracht. Zuerst als Aushilfe, dann als Auszubildender, schließlich als Einsteller und als Schichtführer.

Das war's dann wohl nach 10 Jahren? Nicht ganz! Denn die Planung der Geschäftsleitung ist nicht ganz aufgegangen. Die Verlagerung verzögert sich. Auch das kennt man in der Branche. Es ist eine bittere Geschichte. Denn Tom S. darf als Produktionshelfer wieder drei Monate in "seinen" Betrieb. Als Leiharbeiter. Mit 70 Prozent seines vorherigen Lohnes.

Frage: Tom, wie war das, als du arbeitslos geworden bist?

Tom S.: Das war wie ein Schlag ins Gesicht. Ich bin aus dem Betrieb geflogen, obwohl noch genug Arbeit da war. Ich musste gehen, und am nächsten Tag kamen Leiharbeiter und haben meine Arbeit übernommen.Ich kann das bis heute nicht verstehen. Dann die finanziellen Sorgen. Ich habe einen eigenen Haushalt. Meine Freundin lernt noch und bringt nur wenig Geld nach Hause. Mein Arbeitslosengeld wird von der Miete und den fixen Kosten fast ganz aufgefressen. Da bleibt nicht mehr viel. An Familienplanung ist überhaupt nicht zu denken.

Frage: Wie siehst du denn deine Perspektiven?

Tom S.: Ich hoffe, dass ich etwas Festes finde. Habe schon duzende Bewerbungen geschrieben und Kontakte genutzt. Ich will auf jeden Fall im erlernten Beruf arbeiten, deshalb habe ich ja gelernt. Bei den Arbeitgebern spielt Berufserfahrung eine große Rolle. Ich weiß nicht, ob ich davon schon genug angesammelt habe.

Frage: Bei der Leiharbeitsfirma wolltest du nicht bleiben. Warum?

Tom S.:Leiharbeit - das will ich auf keinen Fall. Für kurze Abschnitte ist Leiharbeit vielleicht verständlich, aber nicht auf Dauer. Für mich ist das Sklavenarbeit. Du wirst irgendwo eingesetzt, egal ob es dir gefällt oder nicht. Die Bezahlung ist mies. Das Rumgeschiebe ist mies. Du gehörst nicht dazu. Du kannst kein heimisches Gefühl entwickeln. Du weißt auch nie, wo du dran bist. Dass man dann lustlos zur Arbeit geht, finde ich verständlich. Qualität schaffen die Festangestellten. Lernen kann man dann, wenn man die Chance dazu hat. Man braucht Zeit, umd die Teile, den Produktionsablauf, die Maschine kennenzulernen. Leiharbeiter müssen sich da ganz weit hinten anstellen.

Frage: Was hältst du von der Kampagne der IG Metall?

Tom S.: Ich finde es sehr wichtig, dass die IG Metall gegen Leiharbeit kämpft und für faire Bezahlung. Leiharbeit darf nicht zum Dauerzustand werden. Aber nur wenn auch die Betroffenen aktiv werden und sich für ihre Sache einsetzen, wird sich etwas verbessern.

Vielen Dank, Tom, für das Gespräch und viel Erfolg bei deinen Bewerbungen.

(*) Anmerkung: Name ist der Redaktion bekannt. Nachrichten an Tom S. können von uns weitergeleitet werden. Diskussionen zum Thema sind im geschützten Gmünder Forum für GewerkschafterInnen möglich. Folge dem Link unten.

Letzte Änderung: 30.06.2010