Konsequent für acht Prozent!

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16.10.2008 Roland Hamm, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Aalen und Schwäbisch Gmünd, im Gespräch zur Finanzmarktkrise und den Folgen für die Tarifrunde 2008.

Frage: Roland, die Krise der Banken beschäftigt uns alle. Wie schlimm ist die Situation?

Roland Hamm: Die Menschen sind natürlich verunsichert, haben Angst um ihre schwer verdienten Spargroschen und verfolgen zum Teil aufgebracht und zum Teil ungläubig, wie die Regierung in den letzten Tagen reagiert.

Hier ist Vertrauen verspielt statt geschaffen worden. Sie befürchten, dass der Staat mit seinen angeblichen Rettungsaktionen lediglich unser gutes Geld den Bankern hinterherwirft! Ohne dass erkennbar wäre, mit welchen Maßnahmen sich ein solches Fiasko in der Zukunft vermeiden ließe.

Und die Menschen sind erstaunt, wie plötzlich 500 Milliarden Euro und damit fast doppelt so viel wie der gesamte Bundeshaushalt aus dem Hut gezaubert werden. Obwohl man uns bis vorgestern noch erklärt hat, es fehle das Geld für die überfällige Erhöhung der Renten, den Ausbau der Kinderbetreuung, für Bildung und die Bekämpfung von Armut.

Frage: Welche Konsequenzen braucht es in der Politik?

Roland Hamm: Die Verursacher der Krise, die Spekulanten, werden in keinster Weise zur Verantwortung gezogen. Natürlich sind Rettungsaktionen und Stabilisierung in dieser Situation notwendig. Staatsbürgschaften für die Einlagen der Sparer und die Stützung angeschlagener Banken sind richtig. Doch wer dies ohne weitere Konsequenzen tut, erreicht nichts, sondern macht sich zum willkommenen Idioten der Spekulanten und Bankrotteure.

Und wenn ausgerechnet Herr Ackermann nun nach dem Staat ruft, sollten wir hellwach werden, denn sein Ziel ist klar, er will weder mehr staaliche Kontrolle noch Regulierung. Er will höchstens, dass Steuerzahler und Arbeitnehmer die Kosten dieser Spekulationskrise bezahlen!

Welchen Beitrag leisten eigentlich die Banker, die dieses Geld in den letzten Jahren verzockt und die sich mit Millionengehältern bedient haben? Wir brauchen eine Millionärs- und Milliardärssteuer in Deutschland, um damit endlich die zur Kasse zu bitten, die in den letzten Jahren in hohem Maße profitiert und uns jetzt den Schlamassel eingebrockt haben!

Frage: Hat die Finanzkrise Auswirkungen auf die Tarifpolitik und rudert die IG Metall möglicherweise jetzt zurück?

Roland Hamm: Die Gerechtigkeitslücke, die unsere Kolleginnen und Kollegen empfinden, wird durch die aktuelle Finanzkrise eher noch verschärft. Für ein Zurückrudern gibt es keinen Grund. Wir bleiben konsequent bei 8 Prozent.

Erstens, die Unternehmen haben auch in 2008 sehr gut verdient und Rekordgewinne eingefahren. Es gibt handfeste Gründe für die Forderung der IG Metall und gegen die Panikmache der Arbeitgeber. Die Nettoumsatzrendite der Betriebe ist so hoch wie seit 38 Jahren nicht mehr. Die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie haben im vergangenen Jahr einen Gewinn von sagenhaften 47,7 Milliarden Euro nach Steuern gemacht. Seit 2003 sind die Nettogewinne der Metallunternehmen um 220 Prozent gestiegen, die Tariflöhne dagegen nur um 16 Prozent.

Zweitens, die Tarifpolitik kann nicht die Probleme der Banken und die Krise der Finanzmärkte lösen. Tarifpolitik kann aber für mehr Nachfrage sorgen. Das spricht für ein kräftiges Plus. Gerade jetzt brauchen Beschäftigte mehr Geld, um die Konjunktur anzukurbeln.

Und drittens, unsere Kolleginnen und Kollegen haben Nachholbedarf, sie bezahlen täglich mehr beim Einkauf, bei den Energiepreisen und an der Tankstelle.

Frage: Berthold Huber hat mit Blick auf die Finanzkrise eine längere Laufzeit für den neuen Tarifvertrag ins Gespräch gebracht. Was sollen unsere Kolleginnen und Kollegen davon halten?

Roland Hamm: Die entscheidende Größe ist nicht die Laufzeit. Die entscheidende Größe ist das Volumen. Unsere Beschlusslage lautet acht Prozent für zwölf Monate.

Frage: Was plant die IG Metall in Schwäbisch Gmünd und in Aalen?

Roland Hamm: Wir haben diese Woche in den Ortsvorständen über die Situation diskutiert. Wir wollen Ruhe bewahren, die Fakten analysieren, die Beschäftigten klar informieren. Wir werden in Kürze die Betriebsrats- und Vertrauenskörpervorsitzenden der tarifgebundenen Betriebe zusammenholen, um gegen die Verunsicherung und Panikmache zu stabilisieren.

Weiterhin werden wir für Aktionen in der Tarifrunde mobilisieren. Wir wollen bei der Funktionärskonferenz am 28. Oktober in Karlsruhe und bei der Verhandlung am 30. Oktober jeweils mit über hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern präsent sein.

Wenn das von den Arbeitgebern für den 30. Oktober angekündigte Angebot nicht zufriedenstellend ist, will die IG Metall zu kraftvollen Warnstreiks aufrufen. Die Ortsvorstände in Aalen und Schwäbisch Gmünd haben beschlossen, in der 45. Kalenderwoche alle Beschäftigten zu zwei zentralen Kundgebungen im Schießtal und auf dem Spritzenhausplatz aufzurufen.

Letzte Änderung: 16.10.2008